Neuaufstellung und ein Auftritt in Frankfurt

Wir machten dieser unglückseligen Phase dann auch recht schnell ein Ende und trennten uns mit Ausnahme von Thomas "Ritzi" Ritz wieder von allen "Neuen" - was weniger mit mangelnder musikalischer Qualität als vielmehr mit fehlender gemeinsamer Chemie zu tun hatte.

 

Ich hatte Ritzi in der Schule durch den Musikunterricht kennengelernt und ihn nach Kellys Ausscheiden um sein Mitwirken gebeten. Das entpuppte sich als echter Glücksfall, denn er konnte nicht nur hervorragend Schlagzeug spielen, sondern war obendrein auch noch ein ausgezeichneter (Background-) Sänger.

 

 

Wir holten uns mit Thomas Hauberichs (später bekannt als  Nachrichtensprecher bei Radio NRW) einen Bassisten ins Boot und begannen uns neu zu ordnen. Das war eigentlich eine sehr schöne Zeit. Besonders positiv bleibt mir bis heute die Tageszeit der Probe in Erinnerung, denn diese wurde auf den Samstagmorgen verlegt. Gestärkt durch ein gemeinsames Frühstück hatte man den Kopf noch frei und konnte daher recht kreativ zu Werke gehen.

 

Wir probten im Jugendheim der evangelischen Kirche und wurden eines Tages vom örtlichen Pfarrer gefragt, ob er uns auf dem Keyboard begleiten dürfe. Da der ca. 15 Jahre ältere Armin Dannenhauer weder äußerlich noch seinem Verhalten nach dem klassischen Bild eines Pfaffen entsprach, sondern vielmehr einer Filmszene aus "Hair" oder "Woodstock" hätte entsprungen sein können und obendrein noch eine sehr "gepflegte Taste" spielte, stimmten wir ohne großes Zaudern zu. Dass sich hinter dem Mann noch viel mehr verbergen sollte, erfuhren wir erst später.

 

Wir stellten ein Programm zusammen und traten auf der Frankfurter "Zeil" auf. Den Gig hatte uns Nikos Mutter besorgt, die damals Oratorien in der Frankfurter Katharinenkirche sang..

 

Das Unternehmen begann damit, dass wir einen "kleinen Transporter" bei einem Gladbacher Abschleppunternehmer ausleihen wollten. Der hatte aber nur noch einen 7,49-Tonner, mit dem wir dann - von unserem spärlichen Equipment nahezu lächerlich unterfordert - in die Frankfurter Innenstadt fuhren.

 

Als wir den LKW - von neugierigen Blicken begleitet - vorsichtig öffneten, entlud sich ein allgemeiner Lachkrampf. Denn erst nach langer, gähnender Leere kamen am Ende der Ladefläche irgendwann unser Schlagzeug und die drei oder vier Verstärker zum Vorschein. Na egal, wir waren guter Dinge und bauten den Kram halt auf. 

 

Klaus fiel dann kurz vor unserer Darbietung ein, dass wir noch gar nicht "gefrühstückt" hatten (was damals bedeutete, dass wir noch kein einziges Bier getrunken hatten). Angesichts dieses unhaltbaren Zustandes stürzten Klaus und ich uns ins Frankfurter Einkaufsgetümmel, um noch schnell ein paar Dosen des kostbaren Nasses zu erbeuten. Da die Kassiererin anscheinend ein schlechten Tag hatte und dreimal "STORNOOO" verbuchen musste, kamen wir zwar mit zwei gefüllten Tüten, aber auch 15 Minuten zu spät zum Auftritt. 

 

Der Auftritt selbst lief dann eigentlich ganz gut, bis ich mich  - durch ein permanentes Feedback genervt - genötigt sah, entschieden Abhilfe zu schaffen. Ich machte unseren "Honey-Verstärker" als Störquelle aus und schaltete ihn kurzerhand aus - leider genau zu dem Zeitpunkt, als Armin über eben diesen zu einem fulminanten Keyboardsolo ansetzte (bzw. ansetzen wollte).

 

Na ja, wir haben viel gelacht, nur Thomas Hauberichs fand's -insbesondere wegen der Verzögerung durch die "Getränke-Beschaffung"- nicht so lustig und stieg nach dem Auftritt aus.

Die Entdeckung des Blues

Man bat mich also (wieder mal) einen Bassisten-Ausfall zu kompensieren, was zur Folge hatte, dass die Stelle des Lead-Sängers wieder vakant war. Da meldete sich Armin (stimmgewaltig) zu Wort und bot sich für diesen Posten an - mit für uns bis dahin ungeahnten Qualitäten. Der Mann konnte singen wie ein junger Gott (und das meine ich bis heute todernst). 

 

Jetzt begann die eigentliche zweite (und vorerst letzte) Phase von Bed & Breakfast (voc.: Armin Dannenhauer, drums: Thomas Ritz, git.: Klaus Lohmanns, keys: Nikolai Krummel, bass: Alf Klinkhammer)

 

Wir entdeckten - hauptsächlich motiviert durch Armin und Gary Moore - den Blues und bauten erstmals auch ein paar gecoverte Nummern ins Programm ein (z. B. "Just a gigolo" in der David Lee Roth-Version, "Summertime" von Gershwin oder "Why don't we do it in the road" vom legendären White Album).  

 

Der Hauptteil des Programms bestand aber nach wie vor aus eigenen Songs, die jetzt hauptsächlich von Niko (Musik) und Armin (Text) geschrieben wurden. Das musikalische Highlight war dabei zweifellos der Song "Breakfast in Bed", den wir später mit drei weiteren Titeln im Studio aufnahmen. Armin hatte seinen Talar an den Nagel gehängt und war inzwischen als freier Journalist für die Westdeutsche Zeitung tätig, während sich der Rest von uns gerade in den Anfängen von Studium oder Beruf zu orientieren begann. Na ja, irgendwie wurden wir langsam erwachsen und das Ganze bekam einen semi-professionellen Anstrich (jedenfalls hatten wir zumindest das Gefühl).

 

Aber es war in der Tat eine musikalisch sehr starke Phase. Wir waren alle an unseren Instrumenten gereift und Armin und Niko leisteten in Sachen Songwriting ganze Arbeit (ein bisschen durfte ich dabei auch noch mitreden bzw. -schreiben :). Wir ließen uns in unserer Stammkneipe von einem Fotografen ablichten und kreierten Plakate und ein Band-Info. Außerdem hatten wir unseren ersten Radiobeitrag, in dem neben einem recht ausgiebigen Interview auch zwei Songs von uns angespielt wurden (ok, es war nur der Lokalsender, aber immerhin ;-).

 

Wir traten - neben einigen Gigs in Mönchengladbach - u. a. in Krefeld, Moers und Viersen auf. In Moers handelte es sich um das bekannte Jazzfestival und wir wurden das erste (und letzte) Mal mit mehr als 1000 Zuschauern konfrontiert. Das war zwar `ne tolle Erfahrung, aber mehr Spaß hatten wir eindeutig in Viersen.

 

Dort spielten wir in einer Kneipe namens Struwwelpeter und staunten nicht schlecht, als der Laden kurz vor dem Auftritt aus allen Nähten zu platzen drohte und die Leute sich teilweise auf Bänke und Tische stellen mussten. Mir ist dieser Umstand noch bis heute ein Rätsel, zumal die Leute hier für eine Band zahlten, die sie nicht kannten und wir auch kaum Coversongs im Programm hatten. Irgendwie muss in Viersen an diesem Abend ansonsten total tote Hose gewesen sein, aber uns war's recht und heraus kam der wahrscheinlich beste Bed & Breakfast-Auftritt überhaupt. Animiert von dem völlig ausgelassenen Publikum -das gegen Ende tatsächlich auf den Tischen tanzte- legten Klaus und ich ebenfalls ne flotte Sohle aufs Parkett und es wurde ne richtig geile Party.

 

Dass dieser Gig aber bereits der vorgezogene Anfang vom Ende war, hatte wohl in diesem Moment keiner für möglich gehalten - am wenigsten wir selbst.

and in the end...

Tatsache ist, dass wir im Sommer 1991 unseren letzten Auftritt hatten, den Armin "mittendrin" kurzerhand dadurch beendete, dass er seine schwarze Tasche nahm und mit den Worten "das ist mir hier zu rau" am Horizont verschwand.

 

Das war zwar ein - zugegebenermaßen - cooler Abgang, jedoch ein wenig mannschaftsdienlicher. Ich hab ihn seitdem nie wieder gesehen.

 

Aus heutiger Sicht kann ich ihn gut verstehen. Unser letzter Auftritt hätte nämlich in der Tat einen würdigeren Rahmen verdient.

 

 

Es handelte sich um eine ziemlich langweilige Gartenparty von Nikos Schwester, bei der wir mit großem Aufwand vor ca. 20 Leutchen spielten, die währenddessen ihr Grillgut zu sich nahmen. Armin, dir sei also hiermit nachträglich und ausdrücklich verziehen! 

 

Mit Armins Weggang begann dann das langsame, aber unwiderrufliche Sterben von Bed & Breakfast. Wir versuchten es noch einmal mit einem anderen Sänger namens "Danny", den - weiß der Teufel wer - irgendwo aufgegabelt hatte.

Er konnte ganz nett singen, wurde aber nie richtig ernst genommen. Zeitgleich begannen Niko und Ritzi in jeweils anderen Bands Musik zu machen. Das fand ich eigentlich ganz o.k., hatte aber logischerweise zur Folge, dass uns ihre Aufmerksamkeit nur noch eingeschränkt zur Verfügung stand.

 

Ich glaube, dass zu diesem Zeitpunkt irgendwie schon jedem klar war, dass das Ende nahte, aber keiner wollte den ersten Schritt machen. Das tat ich dann, indem ich die Band im Mai 1992 verließ. Die Gründe waren rein privater Natur und sollen daher auch hier nicht weiter thematisiert werden. Sie sind allen Beteiligten ja sowieso hinreichend bekannt.

 

Kurz nach meinem Ausstieg wurde dann auch von den anderen Verbliebenen ein endgültiger Punkt im letzten Kapitel von "Bed & Breakfast" gesetzt. 

 

So traurig das Ende jetzt beim Schreiben dieser Zeilen stimmt, darf es nicht über den grundsätzlich positiven Charakter der gesamten Zeit hinwegtäuschen. Wenn ich an meine Jugendzeit zurückdenke, so ist diese untrennbar mit der Band und allen hieran direkt und indirekt beteiligten Personen verbunden.

Und dabei werden hauptsächlich positive Erinnerungen wach. Allerdings starb mit dem Tod dieser Band auch der letzte Funke Hoffnung, aus dem Hobby mehr als "nur eben das" zu machen.

 

Dass das wir uns 20 Jahre später in der Urbesetzung wiederfinden und nochmal ca. 8 Jahre miteinander musizieren sollten, war damals sicher nicht absehbar.