Ein Job in Duisburg (31.08.2007)

Ein Kollege aus Duisburg engagierte uns anlässlich seines 40. Geburtstages und seines gerade geborenen Sohns. Es war zunächst von einer großen Party in einer Duisburger Diskothek die Rede (mit fest installierter Lightshow und "allem drum und dran"), in deren Verlauf wir dann als Live-Act auftreten sollten.

Das Ganze hörte sich recht viel versprechend an und so sagten wir dann auch für einen fairen Freundschaftspreis zu. Da es aber im Verlauf der Vorbereitung zu Problemen zwischen Veranstalter und Diskotheken-Besitzer kam, musste der Gastgeber kurzfristig auf ein Vereinsheim des Freibades in Duisburg-Großenbaum umschwenken.

 

Wir sahen zunächst keinen Grund, unsere Zusage rückgängig zu machen und fuhren mit dem frisch gewonnenen Selbstbewusstsein aus Hamburg zum Ort des Geschehens.

Was uns dort erwartete, ließ allerdings von Beginn an wenig Gutes erahnen. Erstmal hatte das Lokal den Charme eines 70er-Jahre-Schrebergarten-Clubheims, das mit Sicherheit auch seitdem keinen Pinsel mehr von innen gesehen hatte. Passend hierzu lief bei unserer Ankunft am späten Nachmittag ausschließlich Schlagermusik der neuesten und übelsten Sorte. Dass zu diesem Zeitpunkt nur sehr wenige Gäste anwesend waren und es sich hierbei hauptsächlich um ältere Verwandte des Gastgebers handelte, hielten wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht für kritisch. Als wir uns jedoch langsam aber sicher dem Zeitpunkt unseres Auftrittes näherten, ohne dass sich hieran etwas Entscheidendes änderte, kamen mir doch erste ernsthafte Bedenken.

Hinzu kam der Umstand, dass die Bestuhlung ziemlich direkt vor den Mikrofonen begann und wenig bis gar keine Tanzfläche zuließ. Es erschien mir mehr und mehr als "Mission Impossible", die nun vor uns sitzende ca. 20-köpfige Gemeinschaft, die auf mich eher den Eindruck eines "Wolfgang-Petry-Fanclubs" machte, mit unserem Alternativrock-Funk-Punk-Programm von den Stühlen zu reißen - und meine Einschätzung sollte mich nicht täuschen.

Wir spielten den Kram zwar recht souverän runter, aber echte Stimmung keimte dabei weder bei uns noch beim Publikum auf. Immerhin kamen gegen Ende unseres Gigs noch ein paar jüngere Gäste hinzu und zwei Mädels fingen tatsächlich an zu tanzen. Das wars dann aber auch schon - keine Zugabe, Abbau und Heimfahrt.

Ich finde es grundsätzlich total unprofessionell, das Scheitern eines Auftritts am Publikum festzumachen. Man muss sich als Musiker bzw. Entertainer normalerweise schon der Herausforderung stellen, das Publikum in seinen Bann zu ziehen oder eben hieran zu scheitern. Bei diesem Gig denke ich allerdings, dass uns tatsächlich keine Schuld trifft, da verschiedene negative Umstände zusammen kamen.


Der entscheidende war jedoch, dass unsere Musik einfach nicht zu diesem Publikum passte. Im Nachhinein denke ich, es wäre vermutlich konsequent gewesen, dem Veranstalter bereits zu Beginn einen Rücktritt vom Vertrag anzubieten. Lediglich die Tatsache, dass es sich um einen Kollegen handelte, den ich in diesem Moment nicht hängen lassen wollte, hielt mich von der vorzeitigen Äußerung dieser Idee ab.

Thomas drückte es aus meiner Erinnerung am besten aus:
"Wir waren heute richtig gut. Aber hier hätten auch die Stones, Michael Jackson und Madonna zusammen auftreten können, ohne dass sich dadurch was geändert hätte".

So leid mir das für den Veranstalter tut, aber dem ist aus meiner Sicht nichts hinzuzufügen.

Zehn Jahre später (01.08.2008)

Zu meiner großen Überraschung wurden wir zehn Jahre nach unserem letzten Auftritt beim Sommer-Rock-Festival in Arsbeck noch einmal für dieses schöne Event gebucht.
Schon bei unserer Ankunft am Nachmittag staunten wir nicht schlecht über die gewaltige Technik, die dort aufgeboten wurde. Neben uns spielten dort noch zwei andere Bands aus der Region, wobei die Lokal-Heroes "Take Off" den Hauptakt darstellten und wir als zweite Band ran durften.

Eine schöne Geschichte am Rande ist hierbei die Tatsache, dass uns die Mitglieder von "Take Off" zehn Jahre zuvor als Jugendliche gehört hatten und laut Veranstalter daraufhin den Entschluss fassten, selbst eine Band zu gründen. Auch wenn wir meiner Ansicht nach bestimmt nur einen kleinen Beitrag zu diesem Entschluss leisteten, erfüllt einen das natürlich mit einem gewissen Stolz. Denn was die Jungs an diesem Abend boten, war für eine Cover-Band wirklich absolute Spitzenklasse.

Unser eigener Gig verlief am Ende dann auch deutlich besser, als der Anfang vermuten ließ. Wir hatten nämlich zu Beginn trotz der professionellen Technik enorme Soundprobleme, die die Techniker erst nach etwa der Hälfte des Programms in den Griff bekamen - so jedenfalls der Eindruck meiner Liebsten und der unseres Mixers Jan, der an diesem Abend zum reinen Zuhören verdammt war.

Wir selbst konnten das natürlich nicht beurteilen, da man auf der Bühne grundsätzlich mit einem eher bescheidenen Sound auskommen muss. Aber ich möchte jetzt nicht rum unken, sondern mich auf das beschränken, was wir selbst wahrnehmen konnten - und das war die Reaktion des Publikums.

Nach unserem Opener (zwei Lenny Kravitz-Stücke) hörten wir nur sehr verhaltenen Applaus. Da sich diese Resonanz auch während der nächsten Stücke nicht wirklich grundlegend änderte, hatte ich schon die Befürchtung, dass wir hier eine komplette Bauchlandung erleben würden. Glücklicherweise änderte sich das im Mittelteil, als wir unsere starken Red Hot Chillipeppers-Stücke spielten. Hier bemerkte ich, dass die Leute plötzlich mitgingen und die Songs mit deutlich stärkerem Beifall quittierten.

Mit der Zeit wurde der Zuspruch immer größer und nach unserem Schluss-Medley, das aus alten Belindas-Klassikern wie "All the small things", "When I come around" und "Basket Case" bestand, forderte das Publikum sogar frenetisch Zugabe, die wir auch in Form von "Song 2" ablieferten.

Ich werde diesen Auftritt immer in Form einer gleichmäßig ansteigenden Kurve in Erinnerung behalten und denke mir im Nachhinein - besser als umgekehrt und daher "unterm Strich" ein gelungener Gig und ein schönes Erlebnis.

Ende der Legende (Dezember 2008)

Das Ende dieses Jahres war für mich gleichzeitig auch der endgültige Abschied von den BELINDAS. Nach reiflicher Überlegung hatte ich mich von der Band getrennt.

Der Grund ist relativ einfach - es hat mir einfach keinen Spaß mehr gemacht. Ich hatte bisher "durchgehalten", weil wir für Auftritte gebucht waren und ich diese noch vernünftig über die Bühne bringen wollte. Tatsächlich rumorte es aber schon seit Monaten in mir - gepaart mit der leisen Hoffnung, dass wir doch noch irgendwie die Kurve kriegen würden.

Leider aber war das Gegenteil der Fall. Sowohl im Bezug auf die Musikauswahl als auch in Fragen der Proben-Methodik entfernten wir uns derartig voneinander, dass der Aufwand für mich in keinem Verhältnis mehr stand.

Ich hätte die Trennung gerne auf eine sachliche Ebene reduziert, aber leider ist so etwas ganz ohne emotionale Scherben wohl schwer möglich. Schade eigentlich, da ich grundsätzlich gegen niemanden persönlich etwas hatte. Aber aufgrund der stark auseinander driftenden Vorstellungen passte es in dieser Konstellation einfach nicht mehr. Und dann macht es auch wenig Sinn, das Ganze künstlich am Leben zu erhalten.

Tragischerweise verstarb unser Schlagzeuger Thomas Lohr ein Jahr darauf im Alter von nur 39 Jahren. Diese Tragödie ließ alles andere mit einem Schlag bedeutungslos werden. Zurück bleibt die Erinnerung an 14 tolle musikalische Jahre, die ich mit den BELINDAS erleben durfte und die mich geprägt haben.